In der 2. Veranstaltung der Reihe „Salon BRASILIEN“ ist der Stuttgarter Künstler Platino zu Gast, der mit seinen außergewöhnlichen Raumkonzepten bekannt wurde, in die unter anderem 2013 in Form einer umfassenden Einzelausstellung im Württembergischen Kunstverein Einblick gegeben wurde. Platino gehörte ab 1977 als Mitglied der „famili“ zum näheren Umkreis des 2013 verstorbenen Galeristen Achim Kubinski, der wie kaum ein anderer in der Lage war, international renommierte Persönlichkeiten aus dem Umfeld der Konzeptkunst nach Stuttgart zu holen. Werke von Künstlern wie Günther Förg, Imi Knoebel, Joseph Kosuth, Franz Erhard Walther, Daniel Buren waren u.a. Teil seiner Permanenten Installation „Olgastraße 109 / Das Bild als Ort“.
Platino hatte als Weggefährte Kubinskis regen Anteil an den damals geführten Diskursen, verfolgte dabei allerdings seinen ganz eigenen Weg. Pointierten Sätzen Kubinskis wie „Kunst ist abwesend, wenn Öffentlichkeit anwesend ist“ begegnete er eher kritisch. Obsessive Handlungskonzepte und Weltmodelle, die an den Grenzlinien von Kunst, Architektur, Modellbau, Lebenspraxis, utopischer Weltentwürfe und Scheitern oszillieren, sind speziell in Stuttgart immer wieder anzutreffen und haben manchmal nur noch stark verwischte Spuren hinterlassen. In der Erkundung dieses Feldes möchte der Salon Brasilien allen Anwesenden die Möglichkeit des Austauschs bieten. Platino, die famili und Kubinski bilden dabei ein thematisches Dreieck, dessen Linien zu neuen Schnittpunkten weiterverfolgt werden sollen.
Die Reihe Salon BRASILIEN nimmt in ihrem Titel Bezug sowohl auf die Leuchtschriftinstallation BRASILIEN, die Begleitbüro SOUP 2021 auf der kleinen Schalterhalle am Hauptbahnhof Stuttgart für ein halbes Jahr installiert hatte, als auch auf eine Attrappe Stuttgarts im 2. Weltkrieg bei Lauffen am Neckar, die in Form eines Nachtbildes der Innenstadt unter der Tarnbezeichnung BRASILIEN vom Luftgaukommando 7 als Scheinanlage betrieben wurde.
Die Aktivitäten von SOUP kreisen um Fragen des Attrappen-Charakters von Architektur, um das Phänomen der Scheinarchitekturen, um die Abgründe obsessiver Weltmodelle sowie um die Gestaltung von neuen Diskurs-Formaten. Seit 2018 bildet das große Stuttgart-Modell von Wolfgang Frey einen Ausgangspunkt der künstlerischen Aktivitäten von Begleitbüro SOUP und es wurden Künstler*innen unterschiedlicher Sparten eingeladen, dem Bedeutungsüberschuss dieser grandiosen Parallelwelt vor Ort nachzugehen und künstlerisch zu reflektieren.
Mit Salon BRASILIEN greift Begleitbüro SOUP in zehn Veranstaltungen diesen Ansatz erneut auf und stellt künstlerische Positionen vor, die sich ebenfalls eines erweiterten Modellbegriffs bedienen. So kommt ein immer neuer Gästekreis zusammen, um inspirierende Denk- und Arbeitsmodell im Gespräch zu reflektieren und kontrovers zu diskutieren.